Soll-Besteuerung in der Umsatzsteuer

Aufweichung des Grundprinzips bei Sicherungseinbehalten

Die Umsatzsteuer entsteht grundsätzlich in dem Voranmeldungszeitraum, in dem der Umsatz ausgeführt wird. Man spricht diesbezüglich von der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten oder der Soll-Besteuerung. Bei Lieferungen ist der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht maßgeblich, bei Dienstleistungen der Zeitpunkt ihrer Vollendung. Auf die Rechnungsstellung bzw. die Bezahlung der Rechnung kommt es insoweit nicht an.

Die Umsatzsteuer ist bis zum 10. des Folgemonats an den Fiskus abzuführen. Hat der Unternehmer eine Dauerfristverlängerung beantragt, verschieben sich der Abgabezeitpunkt der Umsatzsteuervoranmeldung sowie der Zeitpunkt der Zahlung auf den 10. des übernächsten Monats. In der Regel hat der Unternehmer die Umsatzsteuer zu diesem Zeitpunkt bereits von seinem Kunden erhalten.

Bei der Sollversteuerung, bei der die Fälligkeit der Umsatzsteuer unabhängig von der Bezahlung der entsprechenden Rechnung/Leistung eintritt, kann es bei Nichtzahlung des Vertragspartners zu Liquiditätsnachteilen beim Unternehmer kommen, weil dieser die Umsatzsteuer in diesen Fällen vorzufinanzieren hat.

Dies galt bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 24.10.2013, Az.: V R 31/12, auch für insbesondere in der Baubranche vereinbarte Sicherungseinbehalte, also in Fällen, in denen der Leistungsempfänger zurecht nicht die ganze Rechnung beglichen hatte, obwohl die Umsatzsteuer hierauf in voller Höhe bereits fällig war.

Der Bundesfinanzhof hat nunmehr entschieden, dass ein vertraglich vereinbarter Einbehalt zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen bereits im Zeitpunkt der Leistungserbringung zu einer Korrektur der Bemessungsgrundlage führen kann, wenn der Unternehmer den Anspruch in dieser Höhe über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht verwirklichen kann. Dies soll allerdings nur gelten, soweit der Sicherungseinbehalt nicht durch eine Bankbürgschaft gesichert ist oder gesichert werden kann. Der Bundesfinanzhof legt den Begriff der Uneinbringlichkeit somit weiter aus als die Finanzverwaltung. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die Bemessungsgrundlage ändern und hat somit weniger Umsatzsteuer zu bezahlen, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden ist.

Die Finanzverwaltung nimmt bisher an, dass eine Forderung dann uneinbringlich geworden ist, wenn das Zahlungsziel um das Zwei- bis Dreifache der Zahlungsfrist, mindestens aber um mehr als sechs Monate überschritten ist.

Fraglich ist, ob die neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch auf andere Sachverhalte, z.B. in Fällen von Ratenzahlungen, zur Anwendung gelangt, in denen die Gegenleistung nach den vertraglichen Vereinbarungen erst nach der Fälligkeit der Umsatzsteuer zu bezahlen ist. Unternehmer sollten prüfen, bei welchen Forderungen der Anspruch auf Entgeltentrichtung über einen festgelegten Zeitraum nicht durchgesetzt werden kann.

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